Das große Fressen
Reisen, Klimawandel, Secondhand, das alles liebt die Bettwanze. Sie ist das Tier der Stunde – und hungriger denn je. Über den ungleichen Kampf zwischen Mensch und Blutsauger.
Ist das ein Krümel? Oder ein Käfer? Wanzen finden, hatte zuvor jemand vom Alpenverein gesagt, sei wie Pilzesuchen. Habe man einen Blick dafür, erkenne man sie schnell. Wer das Glück hat, noch nie einer begegnet zu sein, braucht eine Weile: Doch, das Ding auf dem Holzboden in Zimmer 12 ist eine Bettwanze, eindeutig. Dunkelbraun und länglich rund mit kleinen Beinen, vorne dran ein fast bemitleidenswert kleiner Kopf, so wird sie in der Literatur und von ihren Opfern beschrieben. Die Bettwanze, man möchte fast sagen das Wänzchen, wirkt harmlos. Auch die Wirtin der Hütte, herbeigerufen und eigentlich qua Amt darauf abonniert, ent- setzt zu sein, sagt resigniert: „Ach, hier haben wir erst neulich 15 Stück gefangen. Das ist ein beliebter Ort, wir wissen nicht, warum.“ Sie kennt den Feind, aber sie durchschaut ihn noch nicht.
Franziska Hochhammer soll die Frau in diesem Text heißen, deren Hütte von der die Wanze eingenommen wurde. Das Tier schädigt ihr Geschäft so massiv, dass sie ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Die Hütte liegt in der Grenzregion zwischen Deutschland und Österreich. Seit eineinhalb Jahren ist Hochhammer hier Wirtin, seitdem besteht ihr Leben aus dem großen Kampf gegen dieses klei- ne Tier: Vier Millimeter Wanze gegen 1690 Millimeter Frau, Tier gegen Mensch. Morgens, beim Frühstück, sucht sie im Internet erste Nachrichten über die Wanze. Tagsüber jagt sie das Tier durchs Haus. Abends geht sie, in jeder Hinsicht, mit ihr zu Bett. Derzeit sieht es danach aus, als könnte die Wanze diesen Kampf gewinnen. Nicht nur gegen Hochhammer. Sondern gegen den Menschen….
…der ganze Text steht hier auf der Website der Süddeutschen Zeitung (€). Gedruckt erschienen ist er im Buch Zwei in der Ausgabe vom 8. August 2020. Die Illustrationen stammen von Dirk Schmidt.